7-Punkte-Plan für mehr Jugendbeteiligung in Bayern

Junge Menschen müssen sich auf allen Ebenen beteiligen können – nicht als Privileg, das ihnen zugestanden wird, sondern weil es ihr Recht ist. Junge Menschen sind diejenigen, die am längsten mit den Folgen von politischen Entscheidungen leben müssen. Wenn Jugendbeteiligung gelingt, birgt sie vielfältige Potentiale: sich mit politischen Fragen auseinandersetzen, die eigene Meinung zu äußern, aber auch anderen zuzuhören, sich respektvoll auszutauschen und Kompromisse zu schließen – all das macht unsere Demokratie aus. Jugendbeteiligung fördert persönliche sowie demokratische Fähigkeiten und Kompetenzen und für Kinder und Jugendliche einen Lernort für Demokratie und Engagement. In Zeiten, wo Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit erstarken, brauchen wir unsere junge Generation mehr denn je! Daher setzen wir uns für die konsequente und nachhaltige Stärkung der Jugendbeteiligung in Bayern ein und schlagen eine Reihe von konkreten, wirksamen Maßnahmen vor.

1.      Wahlalter auf 16 absenken

Unsere Überzeugung, dass die Absenkung des Wahlalters auf 16 politisch richtig ist, basiert auf einem grundsätzlichen Demokratieverständnis: Diejenigen, die es angeht, sollen auch über ihre eigenen Anliegen mitentscheiden können. Daher fordern wir eine Änderung der Verfassung zur Absenkung des Wahlalters für Staatsbürger*innen von derzeit 18 auf 16 Jahre. Durch eine Änderung des Landeswahlgesetzes ermöglichen wir die Teilnahme an Landtagswahlen sowie an Volksbegehren, Volksentscheiden und Volksbefragungen ab 16 Jahren. Durch eine Änderung des Landkreis- und Gemeindewahlgesetzes sowie des Bezirkswahlgesetzes ermöglichen wir die Teilnahme an Kommunalwahlen und Bürgerentscheiden ab 16 Jahren.

2.      Jugend-Check für Bayerische Gesetze einführen

Die Entscheidungen der nächsten Jahre werden vor allem für die jungen Menschen immense Auswirkungen haben. Der Jugend-Check ist in der Zwischenzeit ein gut erprobtes Instrument der Gesetzesfolgeabschätzung, das für mehr Jugendgerechtigkeit und mehr Jugendbeteiligung sorgen kann und wurde neben dem Bund bereits in Thüringen eingeführt. Das Kompetenzzentrum Jugend-Check ist zudem ein verlässlicher Berater, sowohl bei der Durchführung von Jugend-Checks für einzelne Gesetzesvorhaben als auch potenziell bei der Etablierung eigener Jugend-Check-Verfahren. Elementar ist, dass die Ergebnisse der durchgeführten Jugend-Checks auch verbindlich in Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt werden. Daher fordern wir, eine gesetzliche Grundlage für einen Jugend-Check der Landesgesetzgebung in Bayern zu implementieren und dieses Verfahren partizipativ unter Beteiligung von Vertreter*innen der Jugendverbände und der Jugendlichen selbst zu gestalten.

3.      Jugendbeteiligung in Landkreis- und Gemeindeordnung verankern

Um die kommunale Jugendbeteiligung zu verankern, wollen wir sie in der Bayerischen Gemeindeordnung und in der Bayerischen Landkreisordnung gesetzlich absichern. Dort soll festgeschrieben sein, dass die Gemeinden bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen müssen. Auch können Jugendliche die Einrichtung von Jugendvertretungen beantragen und haben das Recht, vor dem Gemeinderat angehört zu werden. Das Recht auf Jugendbeteiligung in der Gemeindeordnung soll jungen Menschen ein Recht auf echte politische Teilhabe einräumen. Die konkrete Ausgestaltung wird somit den Beteiligungsgremien in den Gemeinden überlassen, die Gemeindeordnung schafft aber flächendeckend die Möglichkeit zur Mitbestimmung.

4.      Inklusive Jugendbeteiligung ermöglichen

Um der UN-Behindertenrechtkonvention gerecht zu werden, muss der Freistaat noch viel tun. Daher fördern und finanzieren wir die Vernetzung zwischen Selbsthilfe-Verbänden, Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie die Einrichtungen und Dienste der Jugendarbeit.

Auch müssen inklusive Methoden und Angebote der Jugendarbeit und insbesondere der Jugendbeteiligung entwickelt und in Pilotprojekten erprobt werden. Dabei ist an Jugendliche mit Behinderung und Sinneseinschränkungen zu denken, aber auch sprachliche, kulturelle und soziale Barrieren sind gezielt abzubauen. Projekte, die inklusive Beteiligung ermöglichen, fördern wir mit einem Förderprogramm „Ich, du, wir – inklusive Jugendbeteiligung“.

Auch die Vielfalt bei den Beschäftigten in der Kinder- und Jugendhilfe soll gezielt unterstützt werden. Das bedeutet beispielsweise, dass Ausbildung und Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe von Menschen mit Behinderung ermöglicht und gefördert werden, dass Menschen unterschiedlichen Geschlechts und sexueller Orientierung sowie verschiedener kultureller, sprachlicher und sozialer Herkunft der Zugang zu den Tätigkeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe freisteht und dass jegliche Diskriminierung gezielt bekämpft wird.

5.      Politische Bildung an Schulen verstärken

Um unser Ziel einer jugendgerechten politischen Bildung zu erreichen, fordern wir, die Angebote politischer Bildung und Partizipation für junge Menschen in der Schule auszubauen. Dazu gehört beispielsweise die Stärkung der Jugendbeteiligung in allen Schulformen, denn Partizipation ist ein erster Schritt hin zur erlebten politischen Bildung. Jugendgerechte Bildung hat eigene Formate, sie verbindet häufig Lernen und Erleben, aus der Erfahrung entstehen Wissen und Können. Wir wollen, dass der politischen Bildung an allen Schulformen und in den unterschiedlichsten Fächern mehr Zeit gewidmet wird.

Weiter müssen an Schulen erlebnispädagogische Angebote mit Schwerpunkt auf Selbstwirksamkeit, Partizipation, Vielfalt und Toleranz wie Planspiele an Schulen etabliert werden. Damit das gelingen kann, ist es notwendig, die entsprechenden Kompetenzen der Fachkräfte die Jugendbeteiligung zu fördern, zu stärken, Jugend- und Sozialarbeit in Bildungseinrichtungen auszubauen und auf Diversität auf allen Ebenen zu setzen.

6.      Außerschulische politische Bildung für alle verbessern und ausbauen

Wir wollen die Angebote politischer Bildung und Partizipation für junge Menschen auch außerhalb der Schule ausbauen. Dazu gehört die Stärkung der Jugendbeteiligung, insbesondere durch einen Inflationsausgleich sowie eine höhere Förderung der Jugendarbeit in Verbänden, Vereinen und anderen Organisationen, denn Partizipation ist ein wesentlicher Teil politischer Bildung.

Wir wollen die Förderung der Jugendarbeit der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit verbessern und jugendspezifische Angebote mit partizipativer Ausrichtung ausbauen.

7.      Gesamtkonzept „Jugendbeteiligung in Bayern“ etablieren

Um eine schlüssige Gesamtstrategie für eine effektive Jugendbeteiligung in Bayern zu entwickeln, wählen wir einen Ansatz, der alle Beteiligten miteinbezieht. Dafür bilden wir eine Kommission unter der Federführung des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales zur Erarbeitung einer Gesamtstrategie „Jugendbeteiligung in Bayern“. Vertreter*innen der Fachverbände, der Jugendorganisationen, der Wissenschaft und der Jugendlichen selbst sind einzubinden. Eine solche Gesamtstrategie Jugendbeteiligung ermöglicht die Abstimmung zwischen den unterschiedlichen Ebenen und Handlungsgruppen, sie hilft, Ziele und Meilensteine zu definieren, die zur Qualitätsentwicklung genutzt werden können.

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