Die Corona-Pandemie bestimmt seit fast zwei Jahren den Alltag von Kindern und Jugendlichen. Sie und ihre Familien haben zum Schutz aller in den vergangenen Jahren auf vieles verzichtet und damit Enormes geleistet. Umso bitterer ist es, dass sie bei den Maßnahmen der Staatsregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie noch immer das Schlusslicht bilden – egal, ob es um mangelhafte Testkonzepte in Kita-, Schul- und Hortbetrieben geht oder um den „Freizeit-Lockdown“ für viele Jugendliche ab 14 Jahren aufgrund der Zugangsbeschränkungen
nach der 2G-Regel.
Für uns Grüne ist weiterhin klar: über Einschränkungen für Kinder und Jugendliche sprechen wir nicht zuerst, sondern zuallerletzt. Bei notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie muss es immer zuerst um den Alltag der Erwachsenen gehen, um deren Arbeits- und Freizeitleben. Die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen muss auch in Krisenzeiten möglich bleiben. Wir müssen alles daransetzen, Kinder und Jugendliche in dieser schwierigen Zeit aufzufangen und zu unterstützen. Mit der neuen grünen Bundesfamilienministerin zieht diese Haltung und die richtige Prioritätensetzung nun auch endlich auf Bundesebene ein. Wir Grüne sind weiter die Interessenvertreter Nr. 1 für Kinder und Jugendliche!
Was die Pandemie für das Leben, für die physische und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bedeutet, belegt inzwischen eine Vielzahl an Studien: Bewegungsmangel, Übergewicht, lange Bildschirmzeiten, Einschränkungen des sozialen Miteinanders, Angst, kaum Planungssicherheit und wenig außerschulische Kultur-, Sport-, Erholungs- und Bildungsoptionen beeinträchtigen die Lebensqualität unserer Kinder und Jugendlichen erheblich. So zeigte beispielsweise die internationale Studie COVID-Kids, dass während der Pandemie nur noch 50 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen mit ihrem Leben zufrieden oder sehr zufrieden seien. Vor der Pandemie lag dieser Wert bei 90 Prozent. Häufig zeigen sich psychosomatische Beschwerden wie Gereiztheit, Einschlafprobleme, Kopf- oder Bauchschmerzen. Forscher*innen beobachten zudem über alle Altersgruppen hinweg einen deutlichen Anstieg von Angststörungen, Depressionen und Schlafstörungen. Auch Essstörungen, Substanzmissbrauch bis hin zu Suizidversuchen nehmen zu. Auch nehmen die Fälle häuslicher Gewalt zu und zugleich ihre Sichtbarkeit und damit die Möglichkeiten zur rechtzeitigen Intervention ab, davon sind häufig Kinder und Jugendliche betroffen (siehe z.B. Statistiken des Landeskriminalamts und der Jugendämter). Diese negativen Auswirkungen sind potenziell langwierig und betreffen zu viele Kinder und Jugendliche. Die Söder-Regierung ist in Bayern in der Verantwortung, dem endlich entschieden entgegenzutreten! Ein besonderes Augenmerk muss auf die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen aus einkommens- und bildungsschwachen Haushalten gelegt werden3. Die niederschwellige Versorgung vor Ort ist das A und O. Für uns Grüne ist klar: Wir erkennen die Nöte und schauen nicht weg. Psychische Gesundheit darf kein Tabu thema sein und seelische Erkrankungen dürfen nicht zu Stigmatisierung führen.
Wir Grüne fordern
• Mehr psychotherapeutische Behandlungsplätze für Kinder und Jugendliche ermöglichen, indem mehr Kassenplätze für Psychotherapeut*innen und Fachärzt*innen für Psychiatrie und Psychotherapie für Kinder und Jugendliche entstehen. Mit einer besseren Versorgungsstruktur verkürzen wir zudem die Wartezeiten – niemand sollte länger als vier Wochen auf eine Behandlung warten müssen
• Psychische Gesundheit und psychische Überlastung stärker zu thematisieren – beispielsweise durch Informationskampagnen und (Sucht-)Beratungsangebote an den Schulen und Präventionsangebote in der Jugend- und Sozialarbeit
• Fortbildungen für Fachkräfte in Kita und Schulen ausbauen, um sie für auftretende psychische Probleme zu sensibilisieren
• Deutlich bessere Vernetzung zwischen ambulant und stationärer Behandlung sowie zwischen Jugendhilfe und Psychotherapie
• Sport- und Bewegungsangebote für Kinder und Jugendliche zu stärken, um den nachweislich positiven Effekt von Sportaktivitäten auf die physische Gesundheit zu fördern
• Psychische Gesundheit im Pandemiemanagement insgesamt deutlich mehr in den Fokus nehmen und nach dem Vorbild Baden-Württembergs eine Task-Force für psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie mit Vertreter*innen der stationären und ambulanten Psychiatrie, psychologischen Beratungsstellen, Jugendhilfe, Jugendsozialarbeit und Betroffenenverbände einzurichten
Jugendliche sind nicht nur Schüler*innen – Freizeitangebote absichern
• Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren erhalten Zugang zu allen Bereichen nach der 3G-Regel, auch dann, wenn für Erwachsene 2G oder 2G plus Einschränkungen gelten, denn Erwachsene können und müssen mehr schultern
• Sport, Kultur, Jugendarbeit, Jugendhilfe, auch aufsuchende Jugendhilfe, müssen in Präsenz in den Einrichtungen und Jugendzentren stattfinden können. Für Kinder und Jugendliche ist der Zugang nach der 3G-Regel sicherzustellen.
• Die Lücken in der Berufsberatung und Beratung an den Übergängen zwischen Schule und Ausbildung oder Studium sowie in den Beruf hinein haben sich verschärft. Um Jugendlichen, in Zeiten, in denen sozialer Austausch und Kontakt sowieso schon auf ein Minimum reduziert werden, bei solchen wichtigen Entscheidungen nicht allein zu lassen, müssen diese Angebote dringend ausgebaut werden.
• Jugendsozialarbeit an Schulen, arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit müssen weiter konsequent ausgebaut werden.
• Soziales Miteinander muss wieder gestärkt werden, beispielweise durch die Förderung von Freizeit und Begegnungen, Reisen und Erlebnisse mit Schwerpunkt auf finanziell benachteiligten Jugendlichen. So sollen beispielsweise Schulfahrten mit Hygiene- und Testkonzepten stattfinden können und auch Projekte, die dem internationalen Austausch dienen, gefördert werden, so dass allen die Chance gegeben wird, daran teilzunehmen.
• Bayernweite barrierefreie, niedrigschwellige und mehrsprachige Informationskampagne für Eltern, Kinder und Jugendliche bzgl. der Impfung gegen das Coronavirus.
• Jugendzentren und andere Jugendhilfe- und Jugendbildungseinrichtungen werden befähigt, in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern und den Impfzentren, Impftermine vor Ort zu organisieren.
Unser gesamtes Positionspapier findet Ihr hier.