Rede zur Zweiten Lesung zur Änderung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Kollege Jäckel, ich meine, Sie kennen doch die Realität sehr gut. Ich schätze Sie auch aufgrund der Arbeit im Sozialausschuss. Es ist aber ganz, ganz klar, dass sehr viele Frauen mehr arbeiten möchten, aber keine Möglichkeit haben, selbstbestimmt zu entscheiden. – Ja, wir brauchen mehr Unterstützung für die Frauen, bessere Arbeitsbedingungen und auch mehr Kinderbetreuung, damit freie Entscheidungen der Frauen und der Männer und der Familien möglich sind.

Streiten Sie das nicht ab; das macht es nicht besser, sondern nur schlechter.

Diese Staatsregierung, diese CSU und die FREIEN WÄHLER stehen für eines: für ein verstaubtes und für ein aus der Zeit gefallenes Frauenbild. Um genau zu sein: Aus der Zeit gefallen heißt, über ein Vierteljahrhundert hinterher. Das Bayerische Gleichstellungsgesetz wurde vor 26 Jahren eingeführt.

Im Oktober 2021 gab es – das war eigentlich positiv – im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes dazu eine Anhörung. Das Credo aller Expertinnen und Experten und damals – man mag es kaum glauben – auch der Regierungsfraktionen von CSU und FREIEN WÄHLERN war, dass dieses Gleichstellungsgesetz, das uralt ist, dringend überarbeitet werden muss. Dies führte sogar dazu, dass noch im März letzten Jahres der Landtag mit den Stimmen von CSU und FREIEN WÄHLERN beschlossen hat: Staatsregierung, geh ans Werk! Das Sozialministerium fing an, zu arbeiten. Man muss sagen, bis zu dem Zeitpunkt war das löblich. Dann aber – anders kann man das nicht sagen – kassierten Sie, liebe Staatsministerin Scharf, dieses Gesetz ohne einen greifbaren Grund im letzten Herbst ein; es gebe Wichtigeres. Ich kann an dieser Stelle nur sagen: Es geht nicht, dass Sie die Gleichstellung in Bayern auf die lange Bank schieben und die Frauen im Land warten lassen.

Weil es hier offensichtlich ja immer viel um Wahlkampf geht, stelle ich mir am Ende die Frage: Welcher Wählerklientel soll denn hier gefallen werden, dass Sie so kurz vor der Landtagswahl die Novellierung wie eine heiße Kartoffel fallen lassen? Dabei ist das aktuelle Politik, dabei ist das, was die Frauen im Land jetzt brauchen, keine heiße Kartoffel. Es ist nämlich dringend notwendig, die Frauen und gleichermaßen auch die Männer im Land zu unterstützen.

Wir GRÜNE haben bereits letztes Jahr einen Antrag für ein neues Gleichstellungsgesetz auf den Weg gebracht, der Ihnen eine große Stütze bieten würde, wenn Sie ihn denn umsetzen würden. Die Missstände in der aktuellen Fassung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes schreien ja wirklich zum Himmel: Kein Klagerecht, keine aktuellen und sinnvolle Vorgaben zu Vollzeit-Gleichstellungsbeauftragten, keine verpflichtenden Gleichstellungskonzepte mit Kontrolle, die auf Nachhaltigkeit und auf Umsetzung gemünzt sind, keine Regelung gegen die schlechtere Bewertung von Teilzeitbeschäftigten, keine zielsetzenden Modelle und Konzepte zu geteilter Führung oder zu Führung in Teilzeit, die dringend notwendig wären.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das geht so nicht. Lassen Sie sich doch nicht von den Gleichstellungsgegnerinnen und -gegnern vor den Karren spannen. Gehen Sie das Projekt, nämlich eine Gleichstellung, die dieses Namens würdig ist und die den Frauen und Männern im Land, hier in Bayern, endlich ein gleichberechtigtes Leben ermöglicht, wirklich an. Gesetzentwürfe, Vorschläge und Anträge gibt es genug wie von uns GRÜNEN oder wie gerade von der SPD-Fraktion oder vom Deutschen Gewerkschaftsbund und und und. Was macht die Staatsregierung im Bereich der Gleichstellung stattdessen? – Sie sitzt es aus.

Das kennen wir ja: Bloß niemanden vor den Kopf stoßen, dem die Gleichstellung von Frauen und Männern schon jetzt zu weit geht. Wo kämen wir denn hin, wenn Frauen und Männer in Bayern die gleichen Chancen, Perspektiven und Möglichkeiten hätten? Wo kämen wir denn hin, wenn wir die strukturelle Diskriminierung von Frauen bekämpften? – Ich kann Ihnen sagen, wohin wir kommen würden: Wir kämen in ein Bayern, in dem wir auf Augenhöhe die Probleme miteinander angehen könnten. Wir kämen in ein Bayern, in dem die Kultur der Gleichstellung wirklich zählen würde.

Wenn ich das Thema Gleichstellung wirklich ernst meine, muss ich es doch im Laufe einer Legislaturperiode schaffen, so ein uraltes Gesetz endlich zu überarbeiten. Wenn das nicht funktioniert, ist das ein Armutszeugnis.

Liebe Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen, ich hoffe, dass ich für uns alle spreche, wenn ich sage, dass wir so ein Bayern wollen, eines mit der Kultur der Gleichstellung auch in unseren öffentlichen Verwaltungen und Einrichtungen. Der öffentliche Dienst muss sogar ein Beispiel sein und vorangehen. Deswegen werden wir GRÜNE dem Vorschlag der SPD zustimmen und bitten Sie, es uns für die Gleichstellung für die Frauen und Männer in Bayern gleichzutun.

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