Rede zum Gesetzesentwurf für ein Bayerisches Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmer*innen zum Zwecke der beruflichen und gesellschaftlichen Weiterbildung (1. Lesung)

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleg*innen,

wenn wir darüber sprechen, wie wir die bayerische Wirtschaft auf zukunftsfeste Beine stellen können, müssen wir auch immer daran denken, wie die Arbeit der Zukunft aussehen soll. Das wirft so einige Fragen auf:

Wie können wir gute Arbeitsplätze für die Beschäftigten im Freistaat garantieren?

Wie schaffen wir es in einer sich schnell wandelnden Arbeitswelt, das Wissen und die Kompetenzen der Beschäftigten an die beständigen Veränderungen anzupassen?

Bereits jetzt ist klar: „Ausgelernt“ gibt es nicht mehr, liebe Kolleg*innen! Auch für Erwachsene gilt: Alle haben ein Recht auf Bildung! Und wer dieses Recht nicht mit Vollgas voranbringt, der muss sich fragen lassen, ob er noch in der Arbeitswelt von vor Jahrzenten stecken geblieben ist, liebe CSU und Freie Wähler.

Denn eine sich verändernde Wirtschaft – und vor dieser Herausforderung stehen wir gerade – braucht eine Arbeitswelt, die dazu passt; aber auch eine, die die Arbeitnehmerin nicht aus dem Blick verliert. Wir Grüne fordern bereits seit Jahren ein Bildungsfreistellungsgesetz und werden dem Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion zustimmen. Es geht doch ganz zentral darum, dass wir gute Arbeitsplätze in Bayern sichern– und das funktioniert nur, wenn wir Arbeit nicht in die Vergangenheit denken, sondern in die Zukunft.

Erwachsenenbildung muss daher massiv gestärkt und insbesondere die soziale Teilhabe beachtet werden. Weiterbildung muss zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Berufslebens werden; dafür braucht es neben einem Ausbau der Weiterbildungsinfrastruktur auch klare politische Regeln, die lebenslanges Lernen für alle Menschen garantieren. Und dafür ist ein Bildungsfreistellungsgesetz ein erster, wichtiger Schritt.

Denn wir sehen auch, dass der Weiterbildungsbedarf in unserer Gesellschaft immer größer wird. Nicht nur die Digitalisierung wird die Anforderungen für zukünftige Arbeitsplätze deutlich verändern.

Sondern auch die sozialökologische Transformation der Wirtschaft – und die schreitet voran. Und zwar nicht wegen der politischen Rahmenbedingungen, die es derzeit gibt, sehr geehrte Damen und Herren der Staatsregierung. Die sind nämlich von vorgestern. Sondern weil die Unternehmer*innen im Freistaat weiter sind als CSU und Freie Wähler. Weil sie sehen, dass gehandelt werden muss und es nicht einfach ausgesessen werden kann – wie so manche in ihren Reihen wahrscheinlich immer noch hoffen.

Klimaschutz ist kein Nischenthema mehr. Das hat ja selbst der Herr Ministerpräsident für sich entdeckt – wenn auch deutlich mehr schlecht, als recht. Wer es aber schon lange vor ihm entdeckt hat, sind die bayerischen Unternehmer*innen. Auch sie haben verstanden, dass sich unsere Wirtschaft verändern muss, damit sie auf zukunftssichere Beine gestellt werden kann.

Und ja, Jobs werden sich verändern. Das muss aber eben nicht per se zu Lasten der Beschäftigten gehen. Ganz im Gegenteil. Mit dem Recht auf Fort- und Weiterbildungen ermöglichen wir es den Arbeitnehmer*innen – aber auch den Arbeitgeber*innen – sich zukunftsfest zu machen. Die Fähigkeiten sich neues Wissen anzueignen, wird in Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnen. Berufliche Weiterbildung hat heute immer noch nicht den Stellenwert, den sie in einer sich wandelnden Gesellschaft und Arbeitswelt braucht. Weiterbildung muss genauso wichtig werden wie Schule, Ausbildung oder Studium, liebe Kolleg*innen.

Bayern kann doch nicht neben Sachsen als Einzelkämpfer dastehen und als eines von zwei Bundesländern kein solches Bildungsfreistellungsgesetz haben. Insbesondere in Bayern, der Freistaat in dem wir – völlig zurecht – so stolz auf unsere Wirtschaftskraft sind. Stolz auf unsere Unternehmen und ihre Beschäftigten. Es ist es doch wirklich hanebüchen, kein verbrieftes Recht auf Bildungsurlaub zu haben.

Bildungsurlaub ist kein Luxus oder nice-to-have. Er ist essenziell für den Erhalt von guten Arbeitsplätzen in Bayern. Essenziell für eine zukunftssichere Wirtschaft. Essenziell um den Standort Bayern für die kommenden Jahrzehnte attraktiv und leistungsstark aufzustellen.

Stimmen sie diesem Gesetzesentwurf zu, liebe Kolleg*innen der CSU und Freie Wähler. Stimmen sie zu, und bauen sie diesen zukunftsgefährenden Wettbewerbsnachteil gegenüber den anderen Bundesländern endlich ab. Denn die Wirtschafts- und Arbeitswelt wird sich verändern – sie tut es ja jetzt schon. Egal, ob sie das wollen oder nicht. Wir müssen die Zukunft gestalten!

 

Danke.

Weitere Artikel zum Thema