Gesetzesentwurf Jugendhilfe – Eigenmittel flexibler gestalten – Zweite Lesung

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Am 25. Januar dieses Jahres war unser Gesetzentwurf zur Ersten Lesung im Plenum. Seitdem haben wir von sehr vielen Trägern der Jugendhilfe positive Rückmeldungen bekommen, darunter auch – jetzt halten Sie sich fest – vonseiten der Regierungsfraktionen; allerdings nur wenige, und auch die nur hinter vorgehaltener Hand. Das größte Problem ist anscheinend das Finanzministerium. Ja, eine Reform der Eigenleistungen wird Geld kosten. Wir können darüber diskutieren, gerne auch leidenschaftlich.

Wir sollten auch darüber diskutieren, wie viel uns Jugendhilfe wert ist. Liebe Regierungsfraktionen, Sie sollten nicht behaupten, alles sei wunderbar, und die Staatsregierung hätte schon alle Probleme mit Ausführungsbestimmungen gelöst. Mit Verlaub, das ist komplett falsch und hilft weder den Trägern der Jugendhilfe noch den jungen Menschen. Ihr Verhalten verschärft das Problem. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, ich würde jetzt gerne Petra Högl ansprechen.

Es fehlen ja generell noch ein paar Kolleginnen und Kollegen. Frau Högl meinte im Ausschuss, dass das Gesetzesvorhaben der GRÜNEN mit der Anpassung von Regelungen schon positiv erledigt sei. Diese Argumentationslinien gehen nicht zusammen. Wir können nicht auf der einen Seite sagen, der Eigenanteil müsse in der bestehenden Form bleiben, und auf der anderen Seite, dass Eigenleistungen sowieso schon akzeptiert würden, entweder – oder. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, entweder kostet es zu viel und Sie wollen es deswegen nicht, oder es ist für Sie ohnehin schon umgesetzt. Wir GRÜNE sind da grundsätzlich anderer Meinung. Für mich macht das den Eindruck, dass Sie sich aus der Verantwortung stehlen wollen. Wo grundsätzliche Regelungen bestehen, kann danach gehandelt werden.

Schafft man aber Ausnahmen von Ausnahmen, wird es unübersichtlich. Sie können doch nicht wirklich glauben, dass diese Ausnahmen Sicherheit schaffen. Unsere Jugendhilfe in Bayern braucht gerade jetzt wirkliche Sicherheit. Die Träger der Jugendhilfe leisten großartige und wirklich wichtige Arbeit. Ich nenne nur Corona und den Krieg gegen die Ukraine. Ihre Gegenreden, egal ob hier im Plenum oder im Ausschuss, entsprechen dem sinnbildlichen Klatschen für Pflegerinnen und Pfleger. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wird doch dem Thema nicht gerecht. Sie sagen immer gern, wie wichtig und toll die Arbeit der Träger der Jugendhilfe sei; wenn aber ehrliches und aufrichtiges Feedback kommt, wie man sie unterstützen könnte, ist das schon zu anstrengend, kostet zu viel Geld, und Sie reden das schön. So kennen wir unsere Staatsregierung: viel versprechen, wenig halten. Im Zweifel sind immer die anderen schuld, entweder die Kommunen, der Bund oder, wenn es hart auf hart kommt, die Koalitionspartner. Schauen wir einmal nach Baden-Württemberg: Dort kann man lernen. Dort gibt es nämlich neben den baren Eigenmitteln die Möglichkeit, Sachwerte und ehrenamtliche Leistungen als Eigenmittel der Träger gleichwertig nebeneinander einzubringen. Das ist klar, das ist eindeutig.

Da braucht es keine Ausnahmeregelungen, die alles nur unübersichtlicher machen. Jugendhilfe ist kein Luxus, Jugendhilfe ist eine staatliche Pflichtaufgabe. Das bedeutet, der Freistaat muss hier Geld in die Hand nehmen, und zwar Steuergelder. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dafür sind sie da. Es ist doch unverantwortlich, wenn Jugendhilfe wegen verschachtelter Regelungen nicht stattfindet, nicht ausgebaut werden kann und am Ende verhindert wird, beispielsweise im Bereich der Erziehungsberatungsstellen. Hier werden die Kommunen gerade massiv stärker belastet. Die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. hatte in der Anhörung des Sozialausschusses im letzten November am Beispiel der Erziehungsberatungs-stellen dringend um Änderung in Bezug auf die Eigenleistungen gebeten. Wird hier nichts verändert, kann faktisch keine ausreichende Zahl von Erziehungsberatungsstellen geschaffen werden. Da können Sie von der Regierungsbank doch nicht einfach sagen, dass alles gut laufe. Können diese Regelungen nicht umgesetzt werden und gelingt der Ausbau nicht, dann müssen wir umsteuern. Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe sollte jede Projektmaßnahme zugelassen werden. Bei den Eigenleistungen bedarf es einer Flexibilisierung. Die jungen Menschen haben besonders nach der Corona-Krise eine flächendeckende Hilfe und Unterstützung in ganz Bayern verdient.

Der Freistaat Bayern sollte deswegen endlich verlässliche Regelungen erlassen und Geld, Sachwerte und freiwillige Leistungen nebeneinander und als gleichwertig anerkennen. Das wäre eine klare, eindeutige und zukunftsfähige Regelung der Rahmenbedingungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Lassen Sie die Freien Träger der Jugendhilfe, die Kinder und die Jugendlichen nicht allein!

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