Für ein bayerisches Vergabegesetz: Staatliche Aufräge sozial und ökologisch machen

Rede zur 2. Lesung des Gesetzesentwurfes für ein Bayerisches Gesetz zur Gewährleistung von Tariftreue und Mindestlohn bei öffentlichen Auftragsvergaben (Bayerisches Vergabegesetz – BayVergG) Drs. 18/20023, Drs. 18/22717(A)

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die CSU-geführte Staatsregierung ist für ihre Alleingänge bekannt. In diesem Fall ist es ein Alleingang auf Kosten der bayerischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist auch ein Alleingang auf Kosten der hiesigen regionalen Unternehmen. Seit Jahren ist Bayern das einzige Bundesland ohne ein Vergabe- und Tariftreuegesetz. Das ist ein Armutszeugnis, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt so viele gute Gründe, diesem Gesetzentwurf der SPD zuzustimmen. Sei es beispielsweise, um die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich wieder etwas zu schließen. Wir müssen doch ein Interesse daran haben, dass Aufträge des Freistaats Bayern an Unternehmen gehen, die sich an Tarifverträge halten und vorbildlich bezahlen. Es müssen die Vorbildlichsten sein, die hier in Bayern die staatlichen Aufträge ausführen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Die Angst vor Armut ist zurzeit eine Zukunftsangst, die sehr viele Menschen umtreibt. Hier muss der Freistaat Bayern doch mit gutem Beispiel vorangehen und die Rahmenbedingungen so gestalten, dass zumindest die Unternehmen belohnt werden, die die Mindeststandards und die besonderen Mindeststandards einhalten. Da reicht es ganz sicher nicht, einfach nur mit dem Finger auf andere und nach Berlin zu zeigen. Die Hausaufgaben müssen hier vor Ort in Bayern gemacht werden, und es muss dafür gesorgt werden, dass die Menschen, die für staatliche Aufträge arbeiten, gut verdienen und von ihrer Arbeit ohne Zukunftsängste sehr gut leben können.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Die Tarifbindung, auf die heute schon so viel Bezug genommen worden ist, nimmt in Bayern immer weiter ab und ist in absolut besorgniserregenden Tiefen angelangt. Binnen der letzten zehn Jahre ist sie um 13 % gesunken; die Zahl der tariflich beschäftigten Menschen ist also wahrlich eingebrochen. Seit 2005 ist Bayern noch dazu Spitzen-reiter bei der Altersarmut, ganz besonders von Frauen. Das sind doch Zahlen, die belegen, dass es einen großen Handlungsbedarf im Freistaat gibt. Jeder oder jede soll von seiner oder ihrer Hände Arbeit leben können. Das sollte doch zumindest bei den demokratischen Fraktionen hier im Hohen Haus nicht umstritten sein, liebe Kolleg*innen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Wir GRÜNEN fordern in Bayern ein Vergabegesetz, das nicht nur in Richtung Mindest-lohn und Tariftreue Rahmenbedingungen setzt, sondern auch darüber hinaus. Neben sozialen Kriterien brauchen wir auch ökologische Kriterien. Wir müssen bei der Vergabe von umweltverträglicher Beschaffung und Entsorgung hier deutlich mehr verlangen. Wenn wir von unseren Unternehmen in Bayern erwarten, sich sozial-ökologisch zu transformieren, und sie auf diesem Weg begleiten wollen, dann muss der Freistaat Bayern hier vorangehen. Es kann doch nicht sein, dass Unternehmen in Bayern weiter sind als die Politik und dass sie dann bei öffentlichen Aufträgen den Kürzeren ziehen, weil sie nicht den Kostenkriterien des Freistaats entsprechen, nicht in diese Kriterien passen, weil sie eben längst mehr in Klimaschutztechnologien und in bessere Bezah-lung investieren und dann nicht zu Dumpingpreisen Aufträge erfüllen können.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Klar ist deswegen, dass nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem solchen Gesetz profitieren, sondern auch die bayerische Unternehmenslandschaft profitiert. Schauen wir doch zum Beispiel einmal auf das bayerische Handwerk. Wir schaffen es durch die Vergabe von Aufträgen des Freistaats nach ökologischen und sozialen Kriterien, dass diese Aufträge möglichst regional an unsere Handwerkerinnen und Handwerker vergeben werden. Liebe Kolleg*innen, damit hat unser regionales Handwerk dann endlich den Standortvorteil, den es verdient; denn die Schreinerei ums Eck kennt ja ganz klar die Gegebenheiten des Dorfs und der Stadt vor Ort. Sie können in den meisten Fällen sogar passgenauere Lösungen anbieten.Darüber hinaus sind soziale und ökologische Kriterien eine Unterstützung, weil sie eben ganz klar dafür sorgen, dass aus Umweltschutzgründen der kürzeste Transportweg gewählt wird. Der kürzeste Transportweg wird wiederum von unseren lokalen Unternehmen hier vor Ort erreicht.Wir GRÜNE fordern ein Vergabegesetz, das neben den ökologischen Kriterien auch den Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit aufgreift.
Wir wollen, dass Betriebe ab zehn Mitarbeiter*innen konkrete Maßnahmen zur Frau-enförderung anbieten sollen, damit auch die hier viel diskutierte Vereinbarkeit von Fa-milie und Beruf wirklich endlich überall unterstützt wird. Das hilft den Betrieben; denn sie brauchen die Fachkräfte, auch die Frauen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Berlin geht hier schon seit zwölf Jahren voran und war Vorreiterin. Dort wird beispielsweise die Vergabe von Bauleistungen ebenfalls mit der Einhaltung von Frauenförder-vorgaben verknüpft und die Kontrolle der Beachtung von Fördervorgaben auch verstärkt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so vieles ist zu tun, so vieles gäbe es zu verbessern; aber die Staatsregierung setzt hier offensichtlich mal wieder lieber auf das Aussitzen und schaut nur zu. Wir GRÜNEN werden diesem – zugegebenermaßen auch immer noch nur einen Schritt darstellenden – Gesetzentwurf der SPD zustimmen. Es muss endlich etwas getan werden, damit wir diesen unsäglichen und schädlichen Alleingang Bayerns beenden und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bayern optimale Bedingungen schaffen.

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