Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,
der GREVIO-Report, der am 07. Oktober diesen Jahres erschien, hält fest: Die unabhängige Expertengruppe des Europarates wurde darauf aufmerksam gemacht, dass „die Polizei oft zögert, Schutzanordnungen gegen einen Täter häuslicher Gewalt zu erlassen, insbesondere in ländlichen Gebieten.“ Hier gibt es also ganz klar dringenden Handlungsbedarf. Der Schutz vor Gewalt und der Kampf gegen Gewalt an Frauen ist für uns Grüne ein Fundament unserer Gleichstellungspolitik. Gleichstellung kann nur dann gelingen, wenn alle respektieren, dass jede einzelne Person selbstbestimmt leben kann. Geschlechtsspezifische Diskriminierungen und Gewalt gegenüber Frauen müssen wir gezielt verhindern.
Gewalt gegen Frauen ist nicht nur ein Problem von einzelnen, sondern ein gesamtgesellschaftliches. Wir fordern schon seit langem die Staatsregierung auf, endlich einen Landesaktionsplan samt Präventionsoffensive aufzusetzen. Es braucht einen ressortübergreifenden Landesaktionsplan zur Verhütung und Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt. Damit können die verschiedenen Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt explizit benannt und differenziert bekämpft werden. Liebe Mitglieder der Staatsregierung, ich bitte Sie endlich auf die Expert*innen zu hören, die wir als Ausschuss eingeladen haben und dieser Forderung nachzukommen. Auch wir fordern, Gewaltschutzambulanzen flächendeckend einzurichten. Es braucht mindestens eine Gewaltschutzambulanz für Opfer von häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt pro Regierungsbezirk. Dabei kann auch die Einrichtung an geeigneten rechtsmedizinischen Instituten an Universitätskliniken unterstützt werden. Diese Anlaufstellen sollen für alle Opfer von häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt allgemein zugänglich gemacht werden. Ohne Ausnahmen.
Aktuell gibt es lediglich eine Gewaltschutzambulanz in ganz Bayern, am Institut für Rechtsmedizin der LMU. Und diese ist derzeit nur offen für Opfer häuslicher Gewalt. Wir fordern die Öffnung für alle Opfer sexualisierter Gewalt. Bundesweit steht Bayern, vor allem als großes Flächenland, mit einer einzigen Gewaltschutzambulanz schlecht dar. In Baden-Württemberg zum Beispiel soll nun eine vierte Gewaltschutzambulanz errichtet werden. Die Istanbul-Konvention gibt vor, dass Maßnahmen getroffen werden, um die Einrichtung von leicht zugänglichen Krisenzentren für Opfer von Vergewaltigung und sexueller Gewalt in ausreichender Zahl zu ermöglichen. Dafür brauchen wir ganz klar pro Regierungsbezirk mindestens eine Gewaltschutzambulanz. Auch wenn wir den Blick auf Frauen mit besonderen Bedarfen richten, bin ich ehrlich gesagt schockiert, wie untätig die Staatsregierung zuschaut. In München wird von der grün-geführten Stadtregierung ein neues Frauenhaus eingerichtet für suchtkranke und psychischkrank Frauen. Ein Novum im Freistaat.
Und was passiert bei den Verhandlungen, was die Engeltübernahme durch den Bezirk Oberbayern angeht? Es werden minutengenaue Abrechnungen vorgerechnet und Modalitäten aufgezogen, damit eine so unfassbar hohe bürokratische Hürde aufgebaut, dass die Landeshauptstadt jetzt gesagt hat: Wir zahlen es selber. Liebe Mitglieder der Regierungsfraktionen, liebe Münchner Abgeordnete, das kann Sie doch auch nicht kalt lassen? Ich habe heute erst mit einer Geschäftsführerin eines Frauenhauses telefoniert. Und die Verzweiflung, was die Abrechnungsmodalitäten angeht betrifft viele, nicht nur sie. Sie hat keinerlei Planungssicherheit, weil sie nicht weiß, wann Bescheide bei Ihr eingehen; wie die Ergebnisse von Förderanträgen ausgehen; welches Personal sie wie genau vom Freistaat gefördert bekommt und welches nicht. Die Staatsregierung kündigt groß an, aber wenn es dann um die Umsetzung geht, wird jeder einzelne Cent umgedreht und geschaut ob man ihn überweisen soll.
Auch die Expert*innen haben in der Anhörung einen Systemwandel gefordert. Es braucht endlich die politischen Rahmenbedingungen für ein Finanzierungs-Modell, das weg von den projekt- und richtlinienbasierten Förderungen geht – hin zu einer institutionalisierten Finanzierung dieses wichtigen Gewaltschutzsystems. Hier haben wir Grüne einen Bericht von der Staatsregierung gefordert – und sogar die Regierungsfraktionen sind dabei mitgegangen. Wir Grüne fordern, wie die FDP eine Landesmonitoringstelle. Liebe FDP-Fraktion, liebe Julika, wir sind uns bei der Thematik in vielen Punkten sehr einig. Aber was ich aber immer noch nicht verstehe, weshalb ihr eine Monitoring-Stelle schaffen wollt, die an eine andere Stelle angeschlossen ist. Ziel muss doch eine unabhängige Stelle sein, die die Maßnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention frei und ohne Einfluss bewerten kann. Deswegen werden wir uns auch wieder bei diesem einen Antrag in Eurem Paket enthalten.