„Lass uns reden“ …über Flächenfraß!

Am Montag, den 09.12.19, fand eine weitere Vortrags- und Gesprächsrunde der Reihe „Lass uns reden“ mit der Grünen Landtagsabgeordneten Eva Lettenbauer statt. Im Hotel Kannenkeller in Lauingen nahm Lettenbauer mit dem Thema „Flächenfraß“ Bezug zum aktuell geplanten Neubauprojekt vor den Toren Lauingens, der Einkaufsmeile Albertus-Park. Christian Zwanziger, ebenfalls Grüner Abgeordneter im Bayerischen Landtag und Sprecher für Landesentwicklung und Tourismus, präsentierte die Entwicklung des Flächenverbrauchs und der Flächenversiegelung in Bayern. Der momentane tägliche Flächenverbrauch in Bayern liegt bei 10ha täglich. Damit geht in unserer Heimat jede Woche eine Fläche von 70 ha verloren, also in etwa zwei durchschnittliche bayerische landwirtschaftliche Betriebe, deren Größe bei rund 35 ha liegt.
Klar wurde dabei schnell, dass das von den Grünen mit initiierte Volksbegehren im Jahr 2018 „Betonflut eindämmen – damit Bayern Heimat bleibt“, einen Nerv in der Gesellschaft traf. An der darin enthaltenen Forderung, eine verbindliche 5-Hektar-Höchstgrenze für den täglichen Flächenverbrauch in Bayern einzuführen, die rund 50.000 Menschen unterstützten, misst sich seither die Landespolitik.
Die Möglichkeit, eine Flächenverbrauchsgrenze von 5 ha täglich einzuführen, sah auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof als gegeben, lehnte das Volksbegehren aber letzten Endes aus formalen Gründen ab.
Hier setzt nun die Grüne Landtagsfraktion an und schlägt mit ihrem Flächenspargesetz ein kluges System vor, das allen Kommunen ein Höchstmaß an Flexibilität für eine ressourcenschonende Bebauungspolitik bietet, aber gleichzeitig einen verlässlichen Rahmen zum Erreichen des Landesziels liefert. Handeln ist daher dringend nötig, betont Christian Zwanziger:
„Ein verbindlicher Rahmen, der den Flächenverbrauch senkt und gleichzeitig wirksame Instrumente und Förderprogramme, die der Innenentwicklung und flächensparenden Planung dienen, sind für mich zwei Seiten derselben Medaille. Nur so können wir das Gesicht unserer schönen Heimat Bayern bewahren.“
Wichtigster Baustein des Flächensparens könnte ein Flächenbudget sein, wie es der Grüne Gesetzesentwurf vorsieht. Demnach wir das landesweite Budget degressiv nach Einwohner*innen – kleine Kommunen erhalten also ein größeres Budget pro Kopf als große – verteilt. Dass der Verteilungsschlüssel kleine Kommunen stärken und das Erreichen von „gleichwertigen Lebensverhältnissen“ in ganz Bayern ermöglichen muss, ist im Gesetzesentwurf ausdrücklich verankert. Kommunen können ihr Budget selbst nutzen, es aber auch ansparen oder übertragen. So könnten kommunale Kooperationen entstehen, die beispielsweise den ungesunden Verdrängungswettbewerb zwischen Städten und Gemeinden um neue, großflächige Gewerbeansiedelungen ersetzen.
Auch die Nachverdichtung ist ein wesentliches Instrument, wenn es darum geht, vorhandene Ressourcen besser zu nutzen und intakte Natur zu schonen. Deshalb sollte gelten: Innen vor Außen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Kommunen bessere Werkzeuge benötigen, um jahrelange Leerstände erwerben und sinnvoll nutzen zu können. Denkbar wären bspw. Regelungen, wie sie der Bayerische Gemeindetag fordert: unter anderem sollen Besitzer*innen von Bauruinen mit über 10 Jahren Leerstand verpflichtet werden, die Immobilien entweder einer entsprechenden Nutzung zugänglich zu machen oder diese sonst zu marktüblichen Preisen den Kommunen zum Kauf anzubieten.
Im Anschluss an die Ausführungen Zwanzigers bot Eva Lettenbauer den Wünschen, Sorgen und Anregungen der zahlreichen Besucher*innen viel Platz. Damit wurde auch der regionale Bezug der Thematik verdeutlicht, denn gerade die anwesenden Bürger*innen aus Lauingen bedauerten den Wettbewerb mit der Nachbarstadt Dillingen sehr, bei dem sie sich oft als Verlierer*innen fühlten.
In Ihrem Schlusswort resümierte Eva Lettenbauer:
„Wir benötigen dringend eine schrittweise Senkung des täglichen Flächenverbrauchs in Bayern auf 5 ha bis ins Jahr 2026. Nur dann ist es möglich, den Flächenverbrauch deutschlandweit bis ins Jahr 2030 auf 30 ha pro Tag zu reduzieren und bis ins Jahr 2050 einen Nettoverbrauch von 0 ha zu erreichen. Das sind wesentliche Ziele, wenn es um den Erhalt der letzten unangetasteten Areale in unserer Landschaft geht und neben der Umsetzung des Grünen Flächenspargesetzes sind dazu heute schon die entsprechenden Weichenstellungen in der Politik nötig. Einnahmen über Gewerbesteuern fördern den Flächenverschleiß ebenso wie Abschreibungen bei Neubauten im Gewerbe oder Einzelhandel. Hier brauchen wir ein dringendes Umdenken und Anreize an der richtigen Stelle. Für Lauingen heißt das: Keine Einkaufsmeile im Gewerbegebiet, sondern die Innenstadt attraktiv und lebendig entwickeln.“

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