Rede zum Gesetzentwurf für ein bayerisches Gesetz zur Gewährleistung von Tariftreue und Mindestlohn bei öffentlichen Auftragsvergaben und zur Einführung eines Bayerischen Mindestlohns (1. Lesung)

Hier findet ihr das Video zur Rede auf Youtube.

 

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bayern boomt wirtschaftlich. Das betont die Staatsregierung unentwegt.

(Zuruf: Aber nicht mehr lange!)

Wenn wir aus der rosaroten Blase der Regierung nach draußen gehen, dann sehen wir schnell: Der Aufschwung kommt nicht überall an. Wir treffen Menschen, die Zukunftsängste haben, Angst vor Armut, Angst davor, dass die Rente in Zu-kunft zu gering ausfällt, Angst davor, dass sie die Miete nicht bezahlen können. Das verwundert nicht. Der Anteil der von Armut gefährdeten Menschen in Bayern liegt laut einer Studie der AWO auch 2018 bei 15 %. Zudem nimmt die Tarifbindung seit Jahren ab. Mittlerweile werden nur noch 53 % der bayerischen Beschäftigten nach Tarifvertrag bezahlt. Das sind Entwicklungen, denen die Politik dringend ent-gegenwirken muss.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der vorliegende Gesetzesentwurf zur Einführung eines Vergabegesetzes und eines Mindestlohngesetzes ist daher ein wichtiger Schritt, um die immer weiter klaf-fende Schere zwischen Arm und Reich etwas zu schließen. Es geht nicht nur darum, dass Menschen im Hier und Jetzt gut leben können. Die Spülhilfe in der Landtagsgaststätte in München und die Straßenreinigerin in Donauwörth müssen so viel verdienen, dass sie auch im Alter nicht auf Sozialleistungen angewiesen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Von seiner Hände Arbeit leben zu können, das kann doch politisch nicht umstritten sein, sehr geehrte Damen und Herren.

(Zuruf von den GRÜNEN: Doch, ist es!)

Es ist richtig: Wir können kein Mindestlohngesetz für alle Menschen in Bayern be-schließen. Wir können aber dafür sorgen, dass alle Angestellten des Freistaates Bayern eine faire Bezahlung erhalten. Wir können dafür sorgen, dass nur Firmen Staatsaufträge erhalten, die eine Tariftreueerklärung abgeben und einen vergabe-spezifischen Mindestlohn zahlen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben immer gesagt: Ein Mindestlohn muss eingeführt werden. Dieser muss politisch beschlossen werden. Im Anschluss daran ist es aber Aufgabe der Sozialpartner und Sozialpartnerinnen, über weitere Erhö-hungen zu entscheiden. Deshalb braucht es eine unabhängige Kommission, die auch andere Faktoren als nur die Tarifentwicklung einbezieht. Eine Sache ist für uns GRÜNE aber nicht verhandelbar: Der Mindestlohn muss vor Armut schützen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zum Abschluss möchte ich noch auf eine Sache hinweisen: Sowohl soziale als auch ökologische Standards müssen bei den Firmen eingehalten werden. Wir müssen der umweltverträglichen Beschaffung und Entsorgung bei der Vergabe größere Priorität zugestehen und das Kriterium der Ökologie nicht nur optional und grob am Ende des Artikels 3 aufführen. Außerdem ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass öffentliche Aufträge möglichst in kleinen Losen vergeben werden, also weni-ger an Generalunternehmerinnen und Generalunternehmer. Ökologie und Soziales müssen zusammen gedacht und zusammen umgesetzt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur CSU kann ich nur sagen: Ihr neuer Ehrenvorsitzender Horst Seehofer hat Ihnen vergangenes Wochenende in München eine Botschaft mitgegeben: Vergesst mir nicht die kleinen Leute!

(Tobias Reiß (CSU): Das tun wir auch nicht!)

Bei den Beratungen zu den beiden Teilen des Gesetzentwurfes können Sie zeigen, dass Sie diese Aufforderung beherzigen.

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