Rede zum Antrag „Abschaffung der Gendersprache in allen Staatsministerien, staatlichen Behörden und kommunalen Gebietskörperschaften“

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wort „Unfug“ kommt in diesem Antrag zwei- bis dreimal vor. Ich möchte es noch einmal aufgreifen, weil es so gut passt. Dieser Antrag ist einfach grober Unfug.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wo bitte soll es denn manipulativ sein, die Menschen als vielfältige Menschen anzusprechen und sie so anzusprechen, wie sie sind, nämlich nicht nur als Männer, sondern auch als Frauen und als Menschen aller Geschlechter? – Uns liegt daran, hier mit Sachverstand zu argumentieren.

Schauen wir doch einmal, wie sich die AfD diesem Thema widmet: Die AfD macht aus einer komplexen Frage einen rein technischen Sachverhalt. Die AfD spricht von „Grammatik“ und „Ästhetik“ und verkennt dabei, dass das eigentliche Problem das generische Maskulinum und die damit verbundene Diskriminierung des signifikanten Teils unserer Gesellschaft ist, nämlich von mehr als der Hälfte der Gesellschaft, von Frauen, von Inter- und von Transpersonen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei geschlechtergerechter Sprache geht es nicht um Grammatik. Es geht nicht um Ästhetik. Es wundert mich sowieso, dass sich eine Partei, die ihre Sprache nutzt, um teils aufs Übelste gegen Minderheiten zu hetzen, um Sprachästhetik sorgt. Da wird definitiv der Bock zum Gärtner gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte auf das zugrundeliegende Problem, auf das ich gerade schon angespielt habe, zurückkommen: Die Sprache ist nicht nur ein technisches System von Regeln und Zeichen, die zu Wörtern zusammengesetzt werden; sie ist nicht nur ein Regelwerk, das wir anwenden. Würde sich die AfD-Fraktion ein bisschen mit sozialwissenschaftlichen Diskussionen beschäftigen, wüsste sie, dass wir mit unserer Sprache unsere Welt konstruieren, weil wir damit kommunizieren. Sprache hat einen Zweck, und sie ist kein Selbstzweck. Ja, was wir sagen, das hat Konsequen-zen. Wenn von Rechtsaußen gegen Minderheiten, Migrantinnen und LGBTIQ*-Personen gehetzt wird, dann hat das schreckliche Konsequenzen. Für die Ingenieurin, die tagtäglich mit „liebe Ingenieure“ begrüßt wird, ist der Tag, an dem ganz unverhofft ein „liebe Ingenieurinnen und liebe Ingenieure“ kommt, ein ziemlich toller Tag und eine unglaubliche Wertschätzung. Ich spreche da aus eigener Erfahrung.

Es macht einen Riesenunterschied, ob die Chefin fragt, wer sich vorstellen kann, „Abteilungsleiter“ zu werden, oder ob die Chefin fragt, wer sich vorstellen kann, „AbteilungsleiterIn“ zu werden. Ich möchte besonders darauf verweisen, dass Experimente mit Kindern verdeutlichen, wie sehr Sprache das Bild von dem Astronauten, dem Arzt oder der Putzfrau prägt. Wie schön ist es doch, am Ende all der verschiedenen Experimente immer wieder auch zu sehen, wie erfreulich die Nachricht für die Kinder ist, wenn sie erfahren, dass sie auch als Mann Tänzer werden können oder als Frau Lkw-Fahrerin.

Sprache kann spalten, und Sprache kann versöhnen. Sprache kann ausschließen, und Sprache kann inklusiv sein. Genau darum geht es bei diesem Thema. Wir möchten nicht spalten. Wir möchten nicht ausschließen. Wir GRÜNEN möchten, dass sich alle Menschen angesprochen fühlen, nicht nur Männer, nicht nur Frauen, sondern auch die LGBTIQ*-Community; denn Geschlecht ist nicht binär. Diese Vielfalt sollte Sprache abbilden.

Ich halte es für wichtig und richtig zu gendern. Ich halte es für angebracht, dass der Staat alle Bürgerinnen und Bürger vertritt und diese entsprechend anspricht. Nur weil sich die AfD-Fraktion mit dem generischen Maskulinum anscheinend ausreichend angesprochen fühlt, heißt das nicht, dass das auch der Rest der Bayerinnen und Bayern so sieht. Ich kann Ihnen als Mitglied einer Fraktion, die einen besseren Querschnitt der bayerischen Bevölkerung darstellt als Ihre, nur zurufen: Das generische Maskulinum reicht nicht aus!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist keine Frage der Linguistik; es ist eine Frage der Gerechtigkeit. Deshalb werden wir Ihren Antrag auch ablehnen.

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