Gesetzentwurf zur Einführung des Wahlrechts mit 16 Jahren bei Landtags- und Kommunalwahlen sowie bei Volks- und Bürgerentscheiden (1. Lesung)

Hier findet ihr das Video zur Rede auf Youtube.

 

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Jungen Menschen wurde in den vergangenen Jahren immer wieder Politikverdrossenheit vorgeworfen. Sie würden sich nicht für Politik interessieren und sich generell nicht um die Zukunft scheren. Aber die vergangenen Monate zeigen uns ganz klar: Junge Menschen sind politisch. Junge Menschen setzen sich für ihre Zukunft ein, die auf dem Spiel steht. Sie gehen auf die Straße, sie engagieren sich in sozialen Netzwerken, und sie verschaffen sich großes Gehör in der politischen und gesellschaftlichen Debatte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb ist für mich als jugendpolitische Sprecherin meine Fraktion klar: Wir dürfen diese jungen Menschen nicht länger von politischen Entscheidungen ausschließen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Junge Menschen möchten sich politisch einbringen. Das sehen wir. Sie möchten mitbestimmen. Wir sollten nicht länger das ganz klare Recht auf politische Mitbestimmung verwehren. Das ist nämlich ein ganz wichtiger Punkt. An so mancher Stelle in der aktuellen Debatte um das Wahlalter und das Wahlrecht wird dieses als Privileg benannt oder – noch schlimmer – gar als Geschenk dargestellt, das man Jugendlichen als nette Geste zuteilwerden lassen könnte. Meine Damen und Herren, das ist vollkommen falsch. Es geht hier nicht um das Verteilen von Geschenken. Es geht hier um das Recht auf politische Mitsprache. Dieses muss grundsätzlich allen Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen zustehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb ist ganz klar: Wir GRÜNE setzen uns für die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre ein, bei Landtags-, Bezirkstags- und Kommunalwahlen sowie bei Volks- und Bürgerentscheiden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Landeswahlgesetz, im Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz und im Bezirkswahlgesetz wollen wir das Wahlalter jeweils von 18 auf 16 Jahre absenken. Außerdem wollen wir in der Verfassung das Mindestalter für Staatsbürgerinnen und Staatsbürger auf 16 Jahre senken, damit den Kreis der wahlberechtigen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger erweitern und auch für Rechtssicherheit sorgen. Wir wollen mehr jungen Menschen endlich eine Stimme in diesem Land geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der Bundestagswahl 2017 umfasste die Generation ab 60 über 36 % der potenziellen Wählerinnen und Wähler. Die junge Generation unter 30 stellte nur etwas weniger als 15 % der Wahlberechtigten. Das ist ein enormer Unterschied zu 1990, als die Über-60-Jährigen knapp 27 % der Wahlberechtigten stellten und die Unter-30-Jährigen 23 %, die beiden Wählerinnen- und Wählergruppierungen also viel näher beieinander waren.In den kommenden Jahren kommen weitreichende gesellschaftliche Entscheidungen auf uns zu. Die Konsequenzen müssen vor allem von den jüngeren Menschen getragen werden. Deshalb darf es nicht sein, dass diese Entscheidungen – wie wir sehen – vor allem von der älteren Generation getroffen werden. Wir müssen junge Menschen besser einbinden und sie auch Verantwortung übernehmen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

16-jährige Jugendliche werden heute schon vor weitreichende Entscheidungen ge-stellt. Zum Beispiel müssen sie sich schon für ihren Beruf entscheiden. Hier trauen wir ihnen ganz viel zu. Warum tun wir das nicht auch in der Wahlkabine? – Es gibt schlicht und einfach keinen Grund, ihnen das Mitbestimmungsrecht und das Wahl-recht abzusprechen.Die Möglichkeit, aktiv wählen zu dürfen, stärkt auf der anderen Seite auch ganz klar die Identifikation der Jugendlichen mit unserem politischen System und unserer Demokratie. Politik wird dann greifbar und gestaltbar. Diese Erfahrung ist heut-zutage für alle Menschen, Jung und Alt, äußerst wichtig. Gemeinsam mit der Sen-kung des Wahlalters ist es daher aus unserer Sicht notwendig, dass in den Schulen endlich mehr, intensiver und praktischer politische Bildung vermittelt wird. Weniger Auswendiglernen und mehr lebendige Debatten der Schülerinnen und Schüler, mehr Medienkompetenz und mehr Verständnis für unser politisches System sind notwendig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber nicht nur die Schulen müssen Raum dafür schaffen. Auch die außerschulischen Angebote der politischen Bildung und der Demokratiebildung, von denen es in ganz vielen Jugendverbänden und Vereinen schon zahlreiche gibt, müssen wachsen und vom Freistaat verstärkt werden. Das bedeutet auch, dass wir die Landeszentrale für politische Bildung weiter stärken und ausbauen müssen. Unsere Demokratie lebt vom Einsatz ihrer Bürgerinnen und Bürger. Deshalb müssen wir die junge Generation endlich besser einbinden.

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